Ein aktiv-guter Mensch zu sein, erfordert Verantwortungsbewusstsein
von Mustafa Islamoglu
Es ist wahr, dass passiv-gute Menschen ein Ansporn für aktiv-böse Menschen sind, denn : Passiv-gute Menschen vermitteln eine negative Botschaft. Das bedeutet, dass passiv-gute Menschen, unbewusst, ein Ansporn für aktiv-böse Handlungen sind. Genau genommen, führen passiv-gute Handlungen auf Umwegen zum negativen Erscheinungsbild. Eine Vorkehrung hierfür wäre : Passiv-gute Handlungen in aktiv-gute umzuwandeln. Hierbei stellt sich die Frage, wie man dies in die Tat umsetzt.
Die Antwort lautet : Durch Verantwortungsbewusstsein. Denn dem passiv-guten Menschen mangelt es an Verantwortungsbewusstsein. Das bedeutet, dass sich passiv-gute Menschen ihrer Verantwortung nicht bewusst sind. Menschen, die nur das eigene Wohlbefinden denken, handeln verantwortungslos.
Der Mensch wird als verantwortliches Wesen erschaffen. Im Urchristentum nach Paulus wird der Mensch als Sünder geboren. Solche eine Denkweise führt dazu, dass Handlungen nur mit Gegenleistung ausgeführt werden statt
Diese Haltung könnte der Grund für Ausbeutung, volkswidrige Handlungen, Assimilation und das Bezichtigen eines Menschen der Apostasie.
Der Islam hat einen beständig hohen Stellenwert im Menschenleben. Im letzten Zyklus der menschlichen Entfaltung wurde der Kuran als Offenbarung herabgesandt. Der Kern der Offenbarung ist es, Gottesbewusstsein zu erlangen.
Das Wissen über Gottesbewusstsein erlangt der Mensch durch die Offenbarungsschrift.
Die Offenbarung des Kurans ist in arabischer Sprache, in der die Begriffe und Wörter in drei Befugnisse eingeteilt werden. 1. Ein Wort wird von seiner Bedeutung gelöst und neu definiert. Wörter, die in diese Kategorie fallen, sind sprachlich realisierte Ausdrücke mit einer Bedeutung. 2. Die Bedeutung eines Wortes wird nicht vollständig entfernt, aber eingeschränkt. 3. Ein Wort wird vollständig übernommen. Zu dieser Kategorie gehören Wörter, die eine semantische Einheit darstellen.
Das Wort „Gottesbewusstsein“ gehört in die 1. Befugnis der Offenbarung.
Vor der Lebzeit des Propheten Mohammed wurde Gottesbewusstsein in „materieller“ Hinsicht gebraucht. Das Wort Gottesbewusstsein wurde nicht mit tugendhaften Handlungen in Verbindung gesetzt. Es war ein Ausdruck, die die Sabaha verwendeten. Während einer Kriegssituation sagten die sich schützenden Sahaba zum Propheten : „ittekayna bi-rasulillah“ .
Die Offenbarung des Kurans wurde an das unwissende Volk als Rechtleitung herabgesandt. Gottesbewusstsein kann nicht mit „Angst oder Furcht“ definiert werden. Der japanische Gelehrte Toshihiko Izutsu beschrieb das Wort Gottesbewusstsein mit „Verantwortungsbewusstsein“. Fazlur Rahman schloss sich dieser Auffassung an. In der Türkei wurde durch Mohammed Eded diese Bedeutungszuschreibung erst bekannt.
Izutsu hatte durch seine semantische Analyse eine überzeugende Schlussfolgerung gezogen. Denn Gottesbewusstsein bedeutet fürwahr „Verantwortungsbewusstsein erlangen“.
Wem gegenüber erfolgt die Verantwortung ?
Die Verantwortung erfolgt gegenüber der Schöpfung, denn Allah ist der Schöpfer aller Dinge. Im Kuran wird dies deutlich. Eine verantwortungsvolle Handlung basiert auf der Liebe zu Allah. Denn Allah ist die Quelle der Liebe. Gottesbewusstsein führt dazu, dass der Mensch mit der Schöpfung verantwortungsvoll umgeht.
Der Mensch hat seine Existenz und sein Eigentum Allah zu verdanken. Sich Allah zu verpflichten bedeutet, sich seinen Verpflichtungen im Glauben und in der Religion bewusst zu sein. Allah ist nicht auf den Dank der Menschen angewiesen. Jedoch sollte der Mensch Allah gegenüber in Treue und Glauben handeln, was Verantwortungsbewusstsein voraussetzt.
In der Sure Baqara Vers 2 heißt es :
„Dieses Buch, an dem es keinen Zweifel gibt, ist eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen,(..).“
Den rechten Weg geht der Mensch, in dem er gottesbewusst ist. Gottesbewusstsein führt den Menschen zum rechten Weg.
Wie erlangt der Mensch Gottesbewusstsein?
Gottesbewusstsein erlangt der Mensch durch einen verantwortungsbewussten Charakter. Allah sagt im Kuran zum Propheten :
“ Weder wusstest du zuvor, was die Schrift noch was der Glaube ist..“ (42/52) ;
„Und du verfügst wahrlich über großartige Tugendeigenschaften.“ (68/4)
Der Glaube, gottesdienstliche Handlungen, die Hingabe an Gott bauen auf der Rechtleitung auf. Jedoch ist Gottesbewusstsein der Rechtleitung voranzustellen. Verantwortungsbewusstsein kann den Menschen zur Rechtleitung und verantwortungsloses Handeln in die Irre führen.
Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass es keinesfalls genügt „gut“ zu sein. Wenn der Mensch nicht aktiv gute Taten vollbringt, ist er der Veranwortung nicht gewachsen.