Das natürliche Wirtschaftssystem
Prof. Dr. Abdulaziz Bayındır
Seit dreihundert Jahren konnten die Großmächte das Gold und Silber als Zahlungsmittel aus dem Verkehr ziehen. Stattdessen haben sie den Markt mit Papiergeld ausgeschwemmt, worauf der aktuelle Wert geschrieben ist. Sie sind noch einen Schritt weitergegangen. Sie handeln jetzt mit nicht existenten Geldern, die nur als geschriebene Zahl auf dem Konto stehen und kein realer Wert dafür vorhanden ist. Diese Zahlen werden von einem Konto zum anderen überwiesen. Mithilfe der verschiedenen Medien, die ja nur beängstigende Nachrichten verbreiteten, konnten diese Großmächte die wirtschaftliche Oberhand über die ganze Welt gewinnen. Das Darlehen mit Zinsen an die armen Länder führte zur Erhöhung der Produktionskosten und infolgedessen auch zur Erhöhung des Verlangens nach Geld, was zur Inflation führte. Das wurde eine wahre Bedrohung für die armen Länder. So wurde die Natur des Menschen verunglimpft. Die Menschen, die nun unerträgliche Schulden hatten, wurden vernachlässigt, wodurch die Familien zersplittert und die sozialen Bindungen zerstört wurden.
Das Geld ist für die Wirtschaft wie das Blut für den Körper. Das Blut trägt durch Zirkulation innerhalb des Körpers den Sauerstoff und die fertigen Aufbaustoffe zu allen Zellen. So ist auch das Geld. Es muss in den Kreis der Wirtschaft, damit alle davon einen Nutzen haben. Gott schuf das Blut im Körper. So muss sich ebenfalls das Geld auf von Gott geschaffenes Gold und Silber stützen, da beides von sich aus wertvoll ist. Das Geld muss ständig kreisen, damit jeder überall Gelder und Dienstleistungen erhält.
Nicht jede Zelle im menschlichen Körper kann Blut herstellen. So kann auch nicht jeder Mensch Geld produzieren. Zinsen sind erfunden worden, um das wirtschaftliche Gleichgewicht zu stören, weil es sich auf die Annahme von Geldern stützt, die man nicht produzieren kann. Das führt zum Absterben der Wirtschaft, der Natur und der Menschheit.
Der Mensch ist wie jedes andere Geschöpf im Universum ein Wunderzeichen Gottes. Er liest ständig diese Zeichen an sich selbst und an der Natur um sich herum ab, die ja das erschaffene, offene Buch Gottes ist. Damit wir im Stande sein werden, allen Menschen die wissenschaftlichen Tatsachen mitzuteilen, müssen sowohl das ,,erschaffene“ als auch das ,,herabgesandte“ Buch Gottes (der Koran) gemeinsam gelesen werden. Auch in Bezug auf die Wirtschaft, würde das sicherlich die Korruption aufheben und das Gleichgewicht in der Wirtschaft wiederherstellen.
Der Kapitalismus
Das Kapital (capital) bedeutet auf Französisch ,,das materielle Gut”. Der Kapitalismus bedeutet ein Wirtschaftssystem, das sich auf Kapital stützt. Der Besitzer des Kapitals möchte dieses auf gar keinen Fall verlieren. Aus diesem Grund tendiert er sehr dazu, Darlehen nur mit Zinsen zu vergeben. So können wir die Definition des Kapitalismus erweitern und sagen, dass er ein Wirtschaftssystem ist, das sich zusätzlich auf ,,Zinsdarlehen“ stützt.
Das Zahlungsmittel wurde früher aus Gold und Silber hergestellt. Darum waren das Gewicht und das Karat sehr wichtig. In Bezug darauf verließ man sich auf die Geldwechsler, man vertraute ihnen sein Gold und Silber an und bekam dafür ein beglaubigtes Dokument. Auf den Märkten in Basra zum Beispiel gab jeder sein Geld den Geldwechslern, bekam dafür einen Scheck und beauftragte diese damit, die gekaufte Ware zu bezahlen. Einen Geldwechsler nannte man im Westen ,,Banker“, und die Dokumente, die er vergab, ,,Banknoten“. Man hatte volles Vertrauen zu diesen Banknoten und Schecks, weil man sie jederzeit gegen Gold eintauschen konnte. Dieses Vertrauen sorgte dafür, dass sie wie bares Geld kursierten.
Mit der Zeit war man auf diese Wertpapiere völlig angewiesen. Die Nachfrage nach ihnen war viel größer als die nach Gold. Das führte die Geldwechsler zum Ausgeben von Wertpapieren, die nicht durch Gold gedeckt waren. Zusätzlich wurden Zinsen auf die verliehenen (und nicht gedeckten) Papiere erhoben.
Allmählich aber gewann der Staat gegenüber den Geldwechslern das größere Vertrauen der Menschen. Dies veranlasste die Engländer im Jahre 1694 zum Errichten einer allgemeinen zentralen Bank. Sie druckten das englische Pfund (Sterling Pound), das mit Gold gedeckt war. Der Sterling als Währung wurde auf der ganzen Welt anerkannt. Dadurch ist England der Führer der Weltwirtschaft geworden.
Im Laufe der Zeit aber verlor der Sterling seinen Ruf. Im Jahr 1944, auf Grund des sog. Bretton-Woods-Abkommens wurde der Dollar nun zur einzigen Währung, die gegen Gold eingetauscht werden konnte. Der Dollar ersetzte jetzt den Sterling. Nach kurzer Zeit litt jedoch die amerikanische Wirtschaft ebenfalls an Korruption. Da die USA mehr Waren aus aller Welt importierte als exportierte, häufte sich infolgedessen der Dollar in der Welt an. Daraufhin erhöhte sich die Zahl der Leute, die den Dollar gegen Gold eintauschten. Das Reservoir des Goldes in den USA nahm allmählich ab. Das veranlasste den amerikanischen Präsidenten Nixon, im Jahre 1971, dazu, das Gesetz der Einlösbarkeit des Dollars gegen Gold aufzuheben. Damit verschwand die Papierwährung, die mit Gold gedeckt war, aus dem Handel. Heute hat der Dollar oder der Euro oder irgendeine andere Währung nicht mehr Wert als das Papier, aus dem sie hergestellt wurde.
So hat der Dollar seinen realen Wert verloren. Trotzdem nehmen ihn alle Zentralbanken der anderen Länder der Welt als Maßstab für ihr Reservoir, als wäre er Gold. Sie setzen dementsprechend die Produktion ihrer Landeswährung fort. Die lokalen Banken stellen nun keine realen Gelder her, diese erscheinen nur als Zahlen auf dem Konto. Diese gedachten Gelder (Zahlen) werden dann als Zinsdarlehen weiter verliehen.
Nach einer offiziellen Veröffentlichung der türkischen Regierung im Internet (BDDK), sollen nur 104 Milliarden ab dem 05.02.2016 als Metall- und Papiergelder im Umlauf gewesen sein. Ab dem 08.02.2016 sollen jedoch 1.513.877.000.000 (Eine Trillion, 513 Milliarden und 877 Millionen TL) als Darlehen mit Zinsen vergeben worden sein. D. h., das Darlehen übersteigt nun das wirklich vorhandene Kapital um das 14-Fache! Das tatsächlich existierende Kapital der Banken beträgt nur 10,5 Milliarden Dollar von den o. e. 104 Milliarden. Wenn wir uns nun vor Augen halten, dass sich der Rest dieser Summe in den Händen von Privatpersonen und verschiedenen Institutionen befand, stellt sich heraus, dass die in den Banken nur als Zahlen auf den Konten sichtbaren Beträge das 144. Fache von den ,,gedachten“ Geldern, die mit Zinsen weiter geliehen worden waren, ist.
An dem o. e. Datum betrug der Kreditzins 12-13 %. Wenn er 12 % betrug, machten die jährlich gewonnenen Zinsen etwa 181.7 Milliarden TL, und bei 13% machten sie jährlich etwa 196.8 Milliarden TL. Das bedeutet, dass die erhaltenen Zinsen der Banken das über 18-Fache ihres Kapitals betrug. Wenn man noch die zusätzlichen Zinsen wegen verspäteter Zahlung dazu zählt, so wird sich die Gesamtsumme des Gewinns natürlich (zahlenmäßig) enorm erhöhen. Des Weiteren gibt es Leute, die unfähig sind, ihre Kredite zurückzuzahlen. Die Banken werden das Eigentum und das Guthaben dieser Menschen beschlagnahmen. Es wird nun deutlich, in welchem Maße die Banken die Menschen ausbeuten.
Wie wir wissen, werden die gezahlten Zinsen zum Grundpreis der Waren hinzugerechnet. Dies führt zur Erhöhung der Warenpreise und zur Verteuerung der angebotenen Dienstleistungen. Die Menschen werden in wage Lebenssituationen hingetrieben. Die Händler aus dem Mittelstand verlieren ihre Kunden. Das beeinflusst dann ja auch die größeren Unternehmen. Die ständig steigenden Bedürfnisse der Menschen nach Geld, die immer wieder durch Zinsdarlehen gestillt werden, machen die Gesellschaften, ja sogar die Länder zu Sklaven der Kapitalisten.
In diesem System sind die Inhaber des Kapitals (nicht durch Gold gedecktes Papiergeld) die Führer der Wirtschaft. Diese haben eigentlich nur eine scheinbare Macht. Denn die Macht, die sie in der Hand halten, ist nichts anderes als ein Luftballon. Wenn er einmal platzt, besitzen sie nur den Wert des Papiers, aus dem die Gelder hergestellt worden sind. Wenn zum Beispiel die USA den Dollar annullieren würde, so würden die Dollar-Milliardäre ganz plötzlich ohne einen Groschen dastehen.
Wie man sieht, verwandelte das Zinssystem die Welt zu einer großen Feuerstätte und die Benutzer von verzinsten Gelderns zu Drogensüchtigen.
Der Kommunismus
Die Kommunisten trieben die Arbeiterschicht dazu, alles für den Kommunismus zu tun, nachdem sie ihr versprochen hatten, an der Regierung teilhaben zu dürfen. Nach ihrem Erfolg hoben sie sofort den Privatbesitz und die Gesetze über die Erbschaft auf. Sie nahmen alles in ihren Besitz. Das höchste Entscheidungsorgan der Partei ist das Politbüro. Das politische Büro der Partei in Russland bestand aus 7 Mitgliedern. Lenin und Stalin waren an seiner Spitze. Der Chef des Büros war der Präsident der Sowjetunion. Der Verteidigungsminister war der Chef des sowjetischen Geheimdienstes KGB. Diktatoren wie Lenin und Stalin, die keine Regeln und Gesetze kannten, töteten hunderttausende von Gegnern auf wirtschaftlichem, wissenschaftlichem, religiösem und sozialem Gebiet. Sie unterdrückten und quälten das Volk auf grausamste Weise.
Wirtschaftlich gesehen, wurden In der Sowjetunion viele auf Partnerschaft gestützte Landwirtschaftsbetriebe errichtet und es wurde eine Zentralverwaltungswirtschaft betrieben. Man nannte diese Betriebe Kolhozen und sie kooperierten mit dem Staat. Im Jahre 1966 wurde für die Mitglieder der Kolhozen ein Mindestlohn festgelegt und gemäß ihren Leistungen bekamen sie Anteile am betreffenden Produkt. In den Kolhozen konnte auch jede Familie einen Garten, Ackerland und einige Tiere haben.
Außer den Kolhozen gab es noch die Sovhozen, die im Jahre 1918 durch den Staat gegründet wurden und auch ihm gehörten. Im Jahre 1950 vergrößerten sie sich dermaßen, dass ihre Produktionen die der Kolhozen überstieg. Die Arbeiter wurden mit der Entscheidung der Sovhozen-Leitung eingestellt und entlassen. Ihre Gehälter waren die niedrigsten im ganzen Staat.
Die leitenden Kommunisten, die nur mithilfe der Arbeiter an die Macht gekommen waren, weil man ihnen versprochen hatte, an der Regierung teilhaben zu dürfen, machten nun diese Arbeiter zu ihren Sklaven.
Die natürliche Wirtschaft
Die Gesetze und Regeln, die alles Erschaffene entstehen, entwickeln und ändern lassen, bezeichnen wir als ,,Fitrat“ oder ,,Schöpfungsordnung“ des Alls. Die Schöpfungsordnung entspricht auch der wahren Religion Gottes. Gott sagt in Kapitel (30) Ar-Rum, Vers 30[1]:
فَأَقِمْ وَجْهَكَ لِلدِّينِ حَنِيفًا فِطْرَتَ اللَّهِ الَّتِي فَطَرَ النَّاسَ عَلَيْهَا لَا تَبْدِيلَ لِخَلْقِ اللَّهِ ذَلِكَ الدِّينُ الْقَيِّمُ وَلَكِنَّ أَكْثَرَ النَّاسِ لَا يَعْلَمُونَ (30).
,,Wende dich deshalb der wahren Religion zu, frei von allen Irrlehren, die Gott Gefährten beigesellen! Das ist Gottes Naturgesetz, gemäß dem Er die Menschen erschaffen hat. Gottes Schöpfung ändert sich nicht. Das ist die wahre Religion. Doch die meisten Menschen wissen es nicht.“ [2]
Jedes Geschöpf ist ein klares Wunderzeichen Gottes (Ayah). Wenn sich der Mensch, der ja selbst eines dieser Geschöpfe ist, die herabgesandten Verse Gottes (die Schrift) genauer anschaut und darüber nachdenkt, der wird davon überzeugt sein, dass sie tatsächlich von Gott und nur von Ihm alleine herabgesandt worden sind. Gott sagt hierzu in Kapitel 41, Fussilat, Vers 53:
سَنُرِيهِمْ آيَاتِنَا فِي الْآفَاقِ وَفِي أَنْفسهِمْ حَتَّى يَتَبَيَّنَ لَهُمْ أَنَّهُ الْحَقُّ أَوَلَمْ يَكْفِ بِرَبِّكَ أَنَّهُ عَلَى كُلِّ شَيْءٍ شَهِيد
(53).
(53) ,,Wir werden ihnen unsere Zeichen an allen Horizonten und in ihnen selbst zeigen, damit ihnen klar wird, dass (die zu dir herabgesandte Offenbarung) die Wahrheit ist. Genügt es nicht, dass dein Herr alles weiß und genauestens bezeugt?“[3]
Deswegen bringt jede originale Information aus dem Koran innere Ruhe und Glückseligkeit. So ist auch das Wirtschaftssystem im Islam: Es entspricht der Natur. Die Muslime haben aber leider den Koran seit längerer Zeit aus ihrem Leben herausgenommen. Daher ist das o. e. System zerstört worden und sie sind nun unfähig, ihre Probleme zu lösen. Die entstehende Lücke wurde von Kapitalisten und Kommunisten gefüllt.
Die Natur ist gegen Sklaverei
Die Natur verlangt die Freiheit des Menschen. Der Besitzer aller Dinge in diesem Universum ist alleine Allah, der Schöpfer, der alle ernährt, der Spender und Bescherer. Er ist dem Menschen noch näher als seine eigenen Nervenstränge (حبل الوريد).
Gott hat alles in seiner Kontrolle. Er hat verboten, dass ein Mensch ein Sklave eines anderen Menschen sein soll. Einer, der nur Gott dient, der hat den höchsten Grad an Freiheit. Der Muslim sagt bei jedem Pflichtgebet: ,,Dir allein dienen wir, und Dich allein bitten wir um Hilfe und Beistand.“[4] Das steht in Kapitel 1, Al-Fatiha, Vers 5:
إِيَّاكَ نَعْبُدُ وَإِيَّاكَ نَسْتَعِينُ(5).
Der Glaube ist die Grundlage der Religion. Die Grundlage des Glaubens ist die Zustimmung des Herzens. Hier kann sich aber keiner in die Entscheidungen des Herzens einmischen. Deswegen kann keiner einen anderen zwingen, gegen seinen Willen an etwas Anderes zu glauben. Auch die schlimmsten Diktatoren können das Herz nicht beeinflussen. Gott sagt in Kapitel 2, Al-Bakara, Vers 256:
لَا إِكْرَاهَ فِي الدِّينِ قَدْ تَبَيَّنَ الرُّشْدُ مِنَ الْغَيِّ فَمَنْ يَكْفُرْ بِالطَّاغُوتِ وَيُؤْمِنْ بِاللَّهِ فَقَدِ اسْتَمْسَكَ بِالْعُرْوَةِ الْوُثْقَى لَا انْفِصَامَ لَهَا وَاللَّهُ سَمِيعٌ عَلِيمٌ (256).
,,Niemand soll zu einem Glauben gezwungen werden. Der Weg der Wahrheit ist klar und von dem des Irrtums abgegrenzt. Wer die Teufel verwirft und an Gott glaubt, hält an dem unauflösbaren Bund fest. Gott hört alles und weiß alles.”[5]
Die Sklaverei und das Halten von Sklavinnen für sexuelle Zwecke lassen sich nicht mit der Natur vereinbaren. Die Kriegsgefangenen als Sklaven anzusehen und der Beischlaf mit den Sklavinnen ohne offizielle Heirat sind ganz gewiss absolut gegen die Regeln des Korans und gegen die Praxis Mohammeds. Wenn man aber den Koran bei Seite tut und dessen Verse verfälscht, indem man die Regeln der arabischen Sprache und Grammatik ignoriert, entsteht eine völlig absurde neue Auffassung von den betreffenden Themen. So sind die Tötung von den Kriegsgefangenen und die sexuelle Ausnutzung der Sklavinnen bei den vier sunnitischen Rechtsschulen und den Schiiten leider erlaubt.
Das Kreditsystem ist gegen die Natur
Ein Darlehen bedeutet die Vergabe von Geld mit der Bedingung, es zurückzugeben. Ein Darlehen ohne Zinsen nennt man im Arabischen ,,Qardun Hasan ( قَرْضٌ حَسَن, gut gemeintes Darlehen)”. Das Kreditsystem lehnt sich aber an den Zins an. In diesem System werden die Prozesse mit Hilfe der Banken durchgeführt.
Früher waren nur diejenigen imstande, Darlehen mit Zinsen zu vergeben, die ein großes Kapital besaßen, aber nach der Gründung der Banken, können auch Leute mit kleinen Ersparnissen Darlehen mit Zinsen vergeben. Bei den Banken entstehen dann große Fonds, die als Kredite weitervergeben werden. Diejenigen, die immer wieder Kredite aufnehmen, addieren diese Zinsen jeweils zu ihren Ausgaben. Das erhöht dann ständig die Preise. Der Nehmer des Darlehens hat also keinen wirklichen Vorteil davon. Wenn zum Beispiel die Bank Zinsen von einer Person in Höhe von 10% nimmt, gibt sie dem Sparer nur 7%. Berücksichtigt man alle Stufen der Herstellung, kann man eine Erhöhung der Preise um mindestens 10% feststellen. Die Zinsen, die der Besitzer der Einlagen erhält, bringen ihm wegen der hohen Preise auf dem Markt keine finanziellen Vorteile. Im Gegenteil: Sein Ursprungskapital wird sogar weniger. Diejenigen, die aber ihre Gelder zu Hause aufbewahren, erleiden einen noch größeren Verlust.
Die Erhöhung der Preise wegen der Zinsen lässt die Reichtümer der Völker sehr schnell schwinden. Das zwingt die Leute, weitere Darlehen aufzunehmen. Nach einiger Zeit können viele Menschen ihre Schulden nicht zurückzahlen. Obwohl die Geschäfte voller Waren und die Banken voller Gelder sind, stagniert der Handel und es herrscht ein Mangelzustand.
Wenn die Kaufkraft der Leute sinkt, wird es notwendig, Waren für Preise anzubieten, die den Gehältern weitgehend entsprechen. Das ist nur möglich, wenn man die Qualität der Waren herabsetzt. Daher verschlechtert sich in einem Zinssystem nach und nach die Qualität der Waren und der Lebensmittel. Das wiederum stellt ein zusätzliches Problem dar, das zu den anderen noch hinzukommt.
Die Natur verlangt ein freies Zirkulieren des Geldes
Geld selbst kann kein einziges Bedürfnis stillen. Es kann weder gegessen noch getrunken noch angezogen werden, aber mit dessen Hilfe können alle möglichen Bedürfnisse befriedigt werden. Deshalb muss es, wie das Blut im Körper, zirkulieren. Das Geld, das nicht zirkuliert, bringt eher Schaden, wie stagnierendes Blut.
Der Koran befiehlt, Geld auszugeben, nicht zu sparen. Geld ausgeben heißt im Arabischen Al-Infak (الإنفاق), abgeleitet von Al-Nafak (نفق=Tunnel). Das Geldausgeben gleicht der Führung von Dingen durch einen Tunnel. Alle Befehle Gottes bezüglich des Geldes konzentrieren sich auf Ausgaben und niemals auf Anhäufung. Genauso wie das Blut durch die Adern auf den ganzen Körper verteilt und getragen wird, muss das Geld ebenfalls auf alle Menschen durch die dafür vorgesehenen Wege (Tunnel) verteilt (ausgegeben) werden.
Geld stillt das Bedürfnis eines jeden Menschen, zu dem es gelangt. Zum Beispiel kann man damit Schulden begleichen, Lebensmittel und andere Waren kaufen, Handel betreiben oder gewisse Produkte erzeugen. Für manche ist es auch der Lohn eines Arbeiters. Es hilft dabei, die Produktion zu steigern und die Arbeitslosigkeit zu senken.
Wenn Geld auf den Markt kommt, blüht der Handel. Aber wenn es als Zinsdarlehen kommt, so geht der Umsatz mit der Zeit zurück, weil man alsbald die eigentlichen Schulden plus Zinsen zurückzahlen muss. Die Zinsen vermindern die zirkulierende Geldsumme. Man braucht nun neues Geld. Wenn dieses auch zinspflichtig ist, kommt der Handel in einen Engpass. Setzt sich diese Situation fort, so erhöht sich das Bedürfnis nach neuen Zinsdarlehen. Das bedeutet wiederum noch mehr Mangel an zirkulierendem Geld und ständig steigende Preise. Am Ende bricht das ganze System zusammen.
Die Natur verlangt freie Märkte
Das Geld muss auf einem freien Markt zirkulieren. Genauso die allgemein angebotenen Dienstleistungen.
Gott sagt in den Versen 29 – 30 von Kapitel 4, An-Nisa:
يا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا لَا تَأْكُلُوا أَمْوَالَكُمْ بَيْنَكُمْ بِالْبَاطِلِ إِلَّا أَنْ تَكُونَ تِجَارَةً عَنْ تَرَاضٍ مِنْكُمْ وَلَا تَقْتُلُوا أَنْفُسَكُمْ إِنَّ اللَّهَ كَانَ بِكُمْ رَحِيمًا (29) وَمَنْ يَفْعَلْ ذَلِكَ عُدْوَانًا وَظُلْمًا فَسَوْفَ نُصْلِيهِ نَارًا وَكَانَ ذَلِكَ عَلَى اللَّهِ يَسِيرًا (30).
,,Ihr Gläubigen! Bringt euch nicht untereinander in betrügerischer Weise um euer Vermögen! – Anders ist es, wenn es sich um ein Geschäft handelt, das ihr nach gegenseitigem Übereinkommen abschließt. Und tötet euch nicht! Allah verfährt barmherzig mit euch. (30) Wenn einer dies (trotzdem) in Übertretung (der göttlichen Gebote) und in frevelhafter Weise tut, werden wir ihn (dereinst) im Feuer schmoren lassen. Dies (wahr zu machen) ist Allah ein leichtes.“[6]
Der Handel kann definiert werden als ein Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Die dazugehörigen Verträge und Vereinbarungen müssen mit Einverständnis aller Beteiligten abgeschlossen werden. Ansonsten bricht die Wirtschaft zusammen. Darum muss der Staat dafür sorgen, dass die Waren und die Dienstleistungen frei zirkulieren können. Er soll ebenso die freie Preisentstehung ermöglichen.
Die Preise erhöhten sich einst in Medina zur Zeit Mohammeds. Man bat ihn darum, eine Preisbindung festzulegen. So sagte er: ,,Allah bestimmt die Preise. Er allein kann beengen, ausdehnen und bescheren. Ich bete zu Ihm, dass ich in meinem diesseitigen Leben niemandem von euch durch Stehlen oder Töten Unrecht tue, der mich dann zur Rechenschaft ziehen würde, wenn wir am Tage der Auferstehung vor Allah stehen werden.“
Die Worte Mohammeds stimmen genau mit dem überein, was in den o. g. Versen steht. Das Verbot des Tötens [Und tötet euch nicht!] deutet darauf hin, dass die Einmischung des Staats in die Märkte eine Art Selbstmord ist. Denn: Wenn der Staat den Markt beherrscht, bringt er nur weniger Waren hinein. Das Angebot vermindert sich dadurch. Das lässt den Schwarzmarkt blühen.
Wenn aber die Preise auf den freien Märkten steigen, ist das ein Zeichen dafür, dass sie demnächst sinken werden, da alle Händler ihre Waren auf den Markt bringen werden, sobald sie von den teuren Preisen hören. Und das bringt aber die Preissenkungen und den Überfluss mit sich.
Es wurde von Mohammed durch Ibn Masud überliefert, dass er den Kauf von Waren vor deren Ankunft auf dem Markt verboten hatte, weil dies die Entstehung des freien Marktes verhinderte.
Abu Hurayra [7] erzählte, dass Mohammed das Abfangen von den Händlern, bevor sie zum Markt kommen, verboten habe. Ebenso habe er auch untersagt, die importierenden Händler so zu betrügen, dass ihre Waren zu niedrigen Preisen gekauft wurden, um später zu höheren Preisen auf dem Markt verkauft zu werden. Mohammed habe zudem diesen Händlern erlaubt, einen solchen Kauf rückgängig zu machen, wenn sie entdeckten, dass man sie betrogen habe.
,,Ihtikar” ist im Islam verboten. Ihtikar bedeutet im Arabischen, dass Waren und Lebensmittel vorläufig deponiert und dem Handel entzogen werden, bis sich die Preise erhöhen. Abu-Seif von der hanafitischen Rechtsschule fügt noch zu der Definition des Ihtikar hinzu, dass es sich hierbei um das Zurückhalten von dringend gebrauchter Ware von Seiten des Volkes handelt. Wer solche Ware besitzt, hat den Überschuss an Lebensmitteln und an dem, was seine eigenen Bedürfnisse deckt, weiterzuverkaufen. Wenn er es aber nicht tut, muss man ihn anklagen. Der Richter soll versuchen, ihn zu überreden, dann ihm drohen oder wenn nötig, ihn festnehmen. Der Richter kann ihn aber nicht dazu zwingen, seine Waren gegen seinen Willen zu verkaufen. Genauso wenig kann er einen Preis festlegen.
Der Prophet Mohammed äußerte dazu Folgendes: ,,Wer Ware auf die Märkte bringt, wird gut verdienen, wer aber Ware zurückhält, der wird verdammt sein.“ Er sagte auch: ,,Ihtikar ist nach dem Islam eine Sünde.“
Es wurde überliefert, dass ein Händler zu Mohammed sagte, dass er einmal von einem Kunden das Geld nahm, ohne ihm sofort die Ware auszuhändigen, weil sie nicht in seinem Besitz war. Dann ging er zum Markt, kaufte sie für ihn und gab sie ihm. Da erwiderte Mohammed: ,,Verkaufe nicht, was nicht in deinem Besitz ist!” Im Islam ist es also einem Händler nicht gestattet, mit Dingen, die nicht in seinem Besitz oder gar nicht vorhanden sind, zu handeln.
Mohammed verbot des Weiteren, auf dem Markt zwecks Erhöhung der Preise so zu tun, als ob man etwas kaufen würde, nur damit andere Leute zum Kaufen angeregt werden. In diesem Sinne meinen wir, dass auch die übertriebene Propaganda zum Kauf der verschiedenen Waren unter dieses Verbot fallen.
Auf der anderen Seite ist es aber erlaubt, Bestellungen anzunehmen und die Ware später auszuhändigen. Dies kann durch zweierlei Wege geschehen:
- Die Bestellung beim Verkäufer (السَّلَم, Es-selemm):
Das ist eine Methode auf dem Markt, bei der eine Ware nach Vereinbarung sofort bar bezahlt wird, während die Ware selbst später ausgehändigt wird. In dieser schriftlich geschlossenen Vereinbarung sollen die Quantität und die Qualität der Ware sowie das Datum und der Ort der Aushändigung der Ware genau festgelegt werden. Das bedeutet, dass aufgrund des unterschriebenen Vertrags die genau beschriebene Ware, die später ausgehändigt werden soll, bereits komplett vorbezahlt wird. Mohammed sagte dazu, wie Ibn Abbas überlieferte: ,,Wenn man etwas vorbezahlen möchte, dann sollen dessen Quantität und Qualität, sowie der Zeitpunkt der Aushändigung bekannt sein.”
- Die Bestellung beim Hersteller (الاستصناع, Al-Istisna):
Das ist ein Vertrag mit dem Hersteller selbst, um Dinge nach Wunsch des Käufers herstellen zu lassen. Der Unterschied zum ersten Weg ist, dass hier nicht unbedingt gleich bezahlt werden muss. Der Zeitpunkt der Aushändigung ist hier auch nicht genau festgelegt. Der vertraglich festgelegte Kauf einer Ware, die ja erst produziert werden wird und später ausgehändigt wird, macht sie billiger. Wenn beispielsweise ein bereits hergestelltes und vorhandenes Produkt 100 Euro beim sofortigen Kauf und Verkauf kostet, würde die gleiche Ware 110 Euro kosten, falls sie erst nach einem Monat bezahlt werden sollte. Beim Vorbezahlen würde sie in dem Fall nur 90 Euro kosten. Bei solch einem Abkommen ist einmal der Hersteller beruhigt, dass seine noch nicht hergestellten Produkte bereits verkauft sind. Zum anderen hat der Kunde die Ware billiger gekauft. Wenn aber der Vertrag nicht direkt mit dem Hersteller selbst abgeschlossen werden kann, besteht die Möglichkeit, dass sich Zwischenhändler einschalten.
Der Zins beengt, die Almosen verbessern die Wirtschaft
Der Mensch denkt, dass Zinsen das Kapital erhöhen, während Almosen es mindern. Gott sieht die Sache aber ganz anders: Zinsen beengen, Almosen fördern die Entwicklung und den Fortschritt der Wirtschaft. Er sagt diesbezüglich in Vers 276 des Kapitels 2, Al-Bakara:
يَمْحَقُ اللَّهُ الرِّبَا وَيُرْبِي الصَّدَقَاتِ وَاللَّهُ لَا يُحِبُّ كُلَّ كَفَّارٍ أَثِيمٍ (276).
,,Allah lässt den Zins (des Wucherers) dahinschwinden, aber Er verzinst die Almosen (mit himmlischem Lohn). Allah liebt keinen, der gänzlich ungläubig (kaffaar) und ein Sünder ist.“[8]
Das bedeutet also, dass das Einkommen nur durch Almosen erhöht werden kann.
Der folgende Vers sagt uns, dass die Almosen der eigentliche Grund für die Vervielfachung des Kapitals sind (Ar-Rom 30, Vers 39):
وَمَا آتَيْتُمْ مِنْ رِبًا لِيَرْبُوَ فِي أَمْوَالِ النَّاسِ فَلَا يَرْبُو عِنْدَ اللَّهِ وَمَا آتَيْتُمْ مِنْ زَكَاةٍ تُرِيدُونَ وَجْهَ اللَّهِ فَأُولَئِكَ هُمُ الْمُضْعِفُونَ (39).
,,Was ihr den Wucherern an Geld gebt, damit es sich aus dem Vermögen der Menschen mehrt, vermehrt sich bei Gott nicht. Diejenigen aber, die Zakat-Spenden geben, mit denen sie Gottes Wohlgefallen anstreben, sie sind es, deren Belohnung vervielfacht werden wird.“[9]
Wir wollen, wie es am Anfang dieser Arbeit der Fall war, das Geld mit dem Blut vergleichen. Das Blut trägt den Sauerstoff und die verschiedensten Nähr- und Aufbaustoffe zu allen Zellen des Körpers. Es transportiert aber gleichzeitig die von den Zellen ausgeschiedenen und nicht mehr brauchbaren Endstoffe des Metabolismus zu den Ausscheidungsorganen. Wenn sich also die Blutversorgung des Körpers verschlechtert und die Zellen nicht genug Sauerstoff und Nährstoffe erhalten, dann erkrankt der Körper. Aus dem gleichen Grunde muss das Geld ebenfalls zur Genüge vorhanden sein und muss ständig zirkulieren, damit alle Menschen den erforderlichen Nutzen davon haben können. Andernfalls können die Händler ihre Waren nicht mehr losbekommen, sodass manche von ihnen vielleicht sogar den Laden schließen müssen. Der Handel würde dann bedauerlicherweise stocken.
Das heißt, wenn das zirkulierende Geld jetzt weniger wird, dann kann nicht jeder seine Bedürfnisse decken. Dies geschieht deswegen, weil beim Vorhaben, ein Darlehen zu vergeben, die entsprechende Summe zunächst aus dem zirkulierenden Geld genommen und gesammelt wird. Diese Summe kann ja dann nicht mehr auf dem Markt genutzt werden. Daher vermindert sich das Geld um die Summe, die jetzt den Leuten gegeben werden soll, die die Garantie der Rückzahlung versichern können. Da aber solche Leute wenige sind, werden die Gelder, die ja praktisch den Leuten weggenommen werden, nur einer kleinen Gruppe von Menschen zur Verfügung gestellt. Das ähnelt der Entnahme von Blut vom Körper, das nur noch einige wenige Organe versorgen soll. Das kann das Gleichgewicht vollkommen durcheinander bringen.
Die Kreditnehmer fühlen sich anfangs gut und erfolgreich. Doch alsbald müssen sie Geld sparen, um die Schulden zurückzuzahlen. Wenn sie aber nicht in der Lage sein sollten, ihre Schulden am vereinbarten Termin zurückzuzahlen, müssen sie erneut, von einer anderen Stelle, einen neuen Kredit aufnehmen, damit sie ihre erste Schuld begleichen können. Da sie nicht Bankrott gehen möchten, addieren sie das Geld, das sie als Zinsen der Bank gegeben haben, zum Grundpreis der Ware hinzu. Das macht sie total Konkurrenz unfähig. Ein wirtschaftliches Dilemma beginnt.
Wichtige Investitionen in einem solchen System können nur mit Hilfe des Staates zustande kommen. Die Hilfsdarlehen werden meistens mit weniger Zinsen als üblich vergeben. Um die Produktion im Inland zu unterstützen, erhöht der Staat die Zollgebühren der aus dem Ausland eingeführten Waren. Oder er verbietet den Import gewisser Waren. Manche einheimischen Produzenten nutzen die angebotenen Staatshilfen aus und verkaufen ihre Produkte zu höheren Preisen als das, was auf den auswärtigen Märkten angeboten wird. Wegen Ausbleibens der Konkurrenz bringen sie Waren von schlechter Qualität auf den Markt. So sorgt der Staat dafür, dass das Volk von einer Minderheit niedergetreten wird.
Der kontinuierliche Hunger nach noch mehr Besitz, zwingt die Reichen dazu, immer mehr Kredite aufzunehmen. Das bringt sie allmählich in den Einfluss der Institutionen für Darlehen. Sie bezahlen ihre alten Schulden durch neue Darlehen. Das heißt, dass sie jedes Mal in einem noch größeren Schuldenberg versinken.
Früher haben die Leute ihre Ersparnisse auf den Banken angelegt. Da derzeit fast niemand mehr Ersparnisse hat, haben die Banken damit begonnen, die Zukunft der Menschen durch Kreditkarten und Verbraucherkredite in Gefahr zu bringen. Demnach ist der höchstmögliche Rang, den ein Mensch heute erreichen kann, ein qualifizierter Arbeiter zu sein. Die Glücklichsten sind die Arbeiter, die man für die Besitzer der Fabriken und Firmen hält. In Wirklichkeit können sie jederzeit durch die eigentlichen Inhaber des Kapitals arbeitslos werden.
Die ,,Religion“ (Al-Din: الدِّين) und die ,,Schulden“ (Al-Deyn: الدَّين) haben im Arabischen den gleichen Wortstamm. Die Religion (الدِّين) bedeutet unter anderem Gehorsamkeit und Belohnung. Da die Schulden den Schuldner zur Gehorsamkeit zwingen, werden die Menschen und sogar die Staaten Sklaven der Kapitalisten. Die Natur ist absolut gegen dieses System. Gott erklärt denjenigen offen den Krieg, die weiterhin Zinsen verlangen. Er sagt in den Versen 278-280, des Kapitels 2, Al-Bakara:
يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا اتَّقُوا اللَّهَ وَذَرُوا مَا بَقِيَ مِنَ الرِّبَا إِنْ كُنْتُمْ مُؤْمِنِينَ (278) فَإِنْ لَمْ تَفْعَلُوا فَأْذَنُوا بِحَرْبٍ مِنَ اللَّهِ وَرَسُولِهِ وَإِنْ تُبْتُمْ فَلَكُمْ رُءُوسُ أَمْوَالِكُمْ لَا تَظْلِمُونَ وَلَا تُظْلَمُونَ (279) وَإِنْ كَانَ ذُو عُسْرَةٍ فَنَظِرَةٌ إِلَى مَيْسَرَةٍ وَأَنْ تَصَدَّقُوا خَيْرٌ لَكُمْ إِنْ كُنْتُمْ تَعْلَمُونَ (280).
,,Ihr Gläubigen! Fürchtet Allah! Und verzichtet auf das, was noch übrig ist an Zinsen, wenn (anders) ihr gläubig seid! (279) Wenn ihr (es) nicht tut, dann sei euch Krieg angesagt von Allah und seinem Gesandten! Wenn ihr euch jedoch bekehrt (und auf weiteres Zinsnehmen verzichtet), steht euch euer (ausgeliehenes) Kapital (als Eigentum) zu, so dass weder ihr Unrecht tut (indem ihr Zins nehmt) noch euch Unrecht getan wird (indem man euch um euer Kapital bringt). (280) Und wenn (unter den Schuldnern, die Kapital zurückzahlen müssen) einer ist, der sich in Bedrängnis befindet, dann sei (ihm) Aufschub (gewährt), bis er Erleichterung gefunden hat! Es ist aber besser für euch, ihr gebt (dem, der in Bedrängnis ist) Almosen (indem ihr auf die Rückzahlung überhaupt verzichtet). (Das wird euch einleuchten) wenn (anders) ihr (richtig zu urteilen) wisst.“[10]
Vom Propheten Mohammed wird folgendes Gebet überliefert:
,,O‘ Gott, ich nehme Zuflucht zu Dir davor, meinen Schulden und meinen Feinden zu erliegen und davor, meine Feinde zu erfreuen.”
In einem System, das sich an das Almosen anlehnt, bemüht sich der Mensch nicht darum, ein qualifizierter Arbeiter zu werden, sondern darum, die Qualität der Produkte so gut wie nur möglich zu verbessern. Das ist das Beste, was er machen kann, weil er kein Geld herstellen kann. Mit dem Geld selbst kann man schließlich nichts anfangen. Es kann weder gegessen noch getrunken noch angezogen werden. Es kann auch nicht als Unterkunft genutzt werden. Was Menschenleben erhält, sind Güter und Dienstleistungen. Wenn Sie also einen Zentner Gold hätten, aber nichts zu essen und zu trinken, dann würden Sie mit Sicherheit sterben. Die Almosen und die Wohltätigkeiten decken die Bedürfnisse der Leute, die nicht zu genügend Geld und Dienstleistungen gelangen können. Dies ähnelt der Öffnung von verstopften Blutgefäßen, durch die nun Sauerstoff und Nährstoffe zu den Zellen transportiert werden. Auf diese Weise wird der ganze Körper gleichmäßig versorgt, damit er dann auch voll funktionstüchtig sein kann. Während das Zinssystem die Menschen wegen Verteuerung und anderer Probleme, für die es verantwortlich ist, aus dem Kreise der Wirtschaft hinauswirft, nehmen die Almosen die Menschen in den Kreis der Wirtschaft auf. Wer Almosen gibt, der macht Investitionen für seine eigene Zukunft. Gott sagt in Vers 195 des Kapitels 2, Al-Bakara:
وَأَنْفِقُوا فِي سَبِيلِ اللَّهِ وَلَا تُلْقُوا بِأَيْدِيكُمْ إِلَى التَّهْلُكَةِ وَأَحْسِنُوا إِنَّ اللَّهَ يُحِبُّ الْمُحْسِنِينَ (195).
,,Und spendet auf dem Weg Allahs und stürzt euch nicht mit eigenen Händen ins Verderben und tut Gutes! Wahrlich, Allah liebt diejenigen, die Gutes tun.“[11]
Die Auswirkungen der Almosen zeigen sich, wenn sich die Spender vermehren. Ein armer Mensch wird davon seine Schulden beim Kleinhändler zurückzahlen. Der Kleinhändler zahlt davon seine Schulden beim Großhändler zurück. Der Großhändler gibt seinen Arbeitern ihre Gehälter. Die Arbeiter decken damit ihre Bedürfnisse ab. So bekommt der Markt neue Kunden. Das Einkommen und die Reichtümer erreichen auf diese Art und Weise alle Schichten der Gesellschaft. Das Geld, das jede Person bekommt, regt den Markt an und belebt den Handel. Die Ausgabe eines einzigen Euros vollbringt nach einer gewissen Zeit eine Leistung im Wert von etwa 700 Euro. Die Spender werden erstens von Gott gesegnet, und zweitens werden sie gute Gewinne machen wegen der Belebung des Marktes. Gott sagt in Vers 261 des Kapitels 2, Al-Bakara:
مَثَلُ الَّذِينَ يُنْفِقُونَ أَمْوَالَهُمْ فِي سَبِيلِ اللَّهِ كَمَثَلِ حَبَّةٍ أَنْبَتَتْ سَبْعَ سَنَابِلَ فِي كُلِّ سُنْبُلَةٍ مِائَةُ حَبَّةٍ وَاللَّهُ يُضَاعِفُ لِمَنْ يَشَاءُ وَاللَّهُ وَاسِعٌ عَلِيمٌ (261).
,,Diejenigen, die ihr Vermögen um Allahs willen spenden, sind einem Saatkorn zu vergleichen, das sieben Ähren (aus sich) wachsen lässt, mit hundert Körnern in jeder Ähre. Allah vervielfacht (den himmlischen Lohn), wem er will. Und Allah umfasst (alles) und weiß Bescheid.“[12]
Zinsen öffnet den Weg, damit das Geld von den Armen zu den Reichen fließt, während Almosen umgekehrt das Geld von den Reichen zu den Armen fließen lassen. Das vergrößert die Kaufkraft der Menschen und neue Kunden melden sich auf dem Markt.
Während Zinsen die Leute in einen wirtschaftlichen Engpass drängen, vervielfältigen Almosen die gespendeten Gelder um das Mehrfache.
Die Beziehung zwischen Almosen und Steuern
Die Almosen sind die einzige Steuer, die im Koran erwähnt wird. Sie wird aus den überschüssigen Geldern und Gütern, die man nicht zur Deckung seiner Grundbedürfnisse braucht, gegeben. Da es sich bei der Armensteuer um eine Entbehrung aus der Eigenproduktion oder des Eigenbesitzes handelt, erleichtert dies deren Vergabe. Gott befiehlt in Vers 103 des Kapitels 9, At-Tauba:
خُذْ مِنْ أَمْوَالِهِمْ صَدَقَةً تُطَهِّرُهُمْ وَتُزَكِّيهِمْ بِهَا وَصَلِّ عَلَيْهِمْ إِنَّ صَلَاتَكَ سَكَنٌ لَهُمْ وَاللَّهُ سَمِيعٌ عَلِيمٌ
(103).
,,Nimm aus ihrem Vermögen eine Almosengabe (sadaqa), um sie damit rein zu machen und zu läutern (tutahhiruhum wa-tuzakkiehim bihaa), und sprich den Segen über sie (salli `alaihim)! Dein Segen (salaat) ist eine Beruhigung für sie. Allah hört und weiß (alles).“[13]
Gott erklärt es noch deutlicher in Vers 141 des Kapitels 6, Al-Anam:
وَهُوَ الَّذِي أَنْشَأَ جَنَّاتٍ مَعْرُوشَاتٍ وَغَيْرَ مَعْرُوشَاتٍ وَالنَّخْلَ وَالزَّرْعَ مُخْتَلِفًا أُكُلُهُ وَالزَّيْتُونَ وَالرُّمَّانَ مُتَشَابِهًا وَغَيْرَ مُتَشَابِهٍ كُلُوا مِنْ ثَمَرِهِ إِذَا أَثْمَرَ وَآتُوا حَقَّهُ يَوْمَ حَصَادِهِ وَلَا تُسْرِفُوا إِنَّهُ لَا يُحِبُّ الْمُسْرِفِينَ (141)
,,Gott ist es, der Gärten mit und ohne Spaliere entstehen lässt, desgleichen Dattelpalmen und Pflanzen mit Früchten, die (in Farbe, Geschmack, Form und Duft) vielfältig sind, Oliven- und Granatapfelbäume, die sich teils ähneln, teils voneinander abheben. Esst von den Früchten, wenn sie reif sind und entrichtet die Pflichtabgaben am Erntetag. Dabei dürft ihr nichts verschwenden, denn Gott liebt Verschwender nicht.“[14]
Ebenso sagt er in Vers 267 des Kapitels 2, Al-Bakara:
يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا أَنْفِقُوا مِنْ طَيِّبَاتِ مَا كَسَبْتُمْ وَمِمَّا أَخْرَجْنَا لَكُمْ مِنَ الْأَرْضِ وَلَا تَيَمَّمُوا الْخَبِيثَ مِنْهُ تُنْفِقُونَ وَلَسْتُمْ بِآخِذِيهِ إِلَّا أَنْ تُغْمِضُوا فِيهِ وَاعْلَمُوا أَنَّ اللَّهَ غَنِيٌّ حَمِيدٌ (267).
,,Ihr Gläubigen! Spendet von den guten Dingen, die ihr erworben habt und von den Bodenerträgen, die Wir euch gewähren! Gebt nicht vom Schlechten, das ihr selbst nicht annehmen würdet oder nur, wenn ihr ein Auge dabei zudrücken müsstet. Wisset, dass Gott unendlich reich ist und dass Ihm höchster Dank gebührt!“[15]
In Vers 60 des Kapitel 9 (At-Tauba) steht zusätzlich:
إِنَّمَا الصَّدَقَاتُ لِلْفُقَرَاءِ وَالْمَسَاكِينِ وَالْعَامِلِينَ عَلَيْهَا وَالْمُؤَلَّفَةِ قُلُوبُهُمْ وَفِي الرِّقَابِ وَالْغَارِمِينَ وَفِي سَبِيلِ اللَّهِ وَابْنِ السَّبِيلِ فَرِيضَةً مِنَ اللَّهِ وَاللَّهُ عَلِيمٌ حَكِيمٌ (60).
,,Die guten Gaben – Sadaqât – sind für die Armen, Bedürftigen, die Angestellten, die sie einnehmen und verwalten, für diejenigen, welche für den Islam gewonnen werden sollen, für die Sklavenbefreiung, die Verschuldeten, für die Sache Gottes und für den mittellosen Wanderer. Das ist eine von Gott auferlegte Pflicht. Gottes Wissen und Weisheit sind unermesslich.“[16]
Die Almosen befreien die niedrigen sozialen Schichten gänzlich von der Steuer, die Armen und die, die Schulden haben, werden ohne Gegenleistung unterstützt. Auf diese Weise werden Rentenkassen und Versicherungen überflüssig. Von der Miete, der Energie und den Verbrauchsgütern werden keine Steuern entrichtet. Das eröffnet den Händlern den Weg, ihre Handelsbereiche zu erweitern. Wenn dazu die Zinsen, die der wesentliche Grund für die Erhöhung der Preise sind, aufgehoben werden, werden die Kosten für die Produktionen sicherlich sinken. So wird dann eine gute Konkurrenzfähigkeit auf dem internationalen Markt erzielt.
Das Zins-Darlehen ist keine wirtschaftliche Aktivität
100 Euro zu geben, unter der Bedingung, sie später als 110 Euros zurückzubekommen, also Gewinn zu machen durch Zinsen, ist keine wahre wirtschaftliche Aktion. Das Wirtschaften beginnt erst, wenn das geliehene Geld genutzt wird. Und da dieses Vorgehen jedoch kein erfolgreiches Resultat garantiert, so stellt das auf Zinsen basierende Kreditsystem ein Hindernis für wirtschaftliche Aktivitäten dar.
Die Wirtschaft kann sich nicht auf Schulden stützen, auch wenn ein Teil davon eine Gabe ist. Der Rückzahlungstermin stimmt nicht mit dem Termin des Erreichens von wirtschaftlichen Zielen überein. Das bringt den Unternehmer in Schwierigkeiten, wenn der Zeitpunkt zur Zahlung der Steuer, der Versicherung und der Miete kommt. So ist er gezwungen, seine Ware für sehr billig zu verkaufen, wird arbeitslos und hat noch dazu Schulden. Gemeinsam mit seinen Ex-Angestellten muss er anfangen, Arbeit zu suchen.
Die Vergeber von Krediten interessieren sich nicht für die schlimme Lage der Menschen, in die sie sie stürzen. Die jetzt anfallende finanzielle Belastung wird durch den Staat getragen, der dann die Steuern erhöht, wenn er keine Mittel haben sollte, das Defizit auszugleichen. Die Steuerzahler geraten jeden Tag in noch größere finanzielle Schwierigkeiten.
Viele werden in der Folge ihre Unternehmen schließen, und so wird dann im Inland nicht mehr genug produziert, was dann den Staat zwingt, ausländische Waren und Dienstleistungen zu importieren. Das wiederum erfordert fremdes Geld, das ja in Wirklichkeit nur wertloses Papier ist. Indem der Staat nun dieses als Zinsdarlehen nimmt, liefert er sich ganz dem Auslandes aus. Nun treten die internationalen Banken an die Stelle der nationalen Banken und versklaven geradezu das ganze Land.
Der Prophet Mohammed sagte: ,,Gott verdammt den Wucherer, den, der damit zu tun hat, den Zeugen dafür und den, der eine solche Aktion schriftlich niederschreibt.“
Mohammed sagte außerdem, dass der Umgang mit Zinsen eine Todsünde sei.
Zusammenfassung
Die intensive Aufmerksamkeit, die das auf Zinsen basierende Kreditsystem in den letzten zwei Jahrhunderten genießt, führte zum Vergessen des Kompaniegeschäfts und der freien Marktwirtschaft. Das Einkommen und das Kapital fielen in die Hände der Kapitalisten. Beides haben aber keinen echten Wert. Das Gleichgewicht kann nur durch das Kompaniegeschäft und die freie Marktwirtschaft hergestellt werden.
Kurz gesagt: Das auf Zinsen basierende Kreditsystem muss abgebaut werden. So können die Menschen endlich wieder Geld in ihren Taschen sehen. Sie werden sich selbst und ihre Länder von der finanziellen Sklaverei befreien können. Sie werden damit anfangen, den ,,Geschmack der Freiheit” zu kosten.
Übersetzer ins Deutsche:
Prof. Dr. med. A. Gehani.
Deutschsprachige Aufsicht:
Hatice Göktaş
Istanbul,
den 25.01.2017
1 Alle deutschen Koranübersetzungen, die im Text vorkommen sind folgendem Link entnommen:
http://www.ewige-religion.info/koran/:
[2] Azhar
[3] Azhar
[4] Azhar
[5] Azhar
[6] Rudi Paret
[7] Ein Gefährte Mohammeds
[8] Rudi Paret
[9] Azhar
[10] Rudi Paret
[11] M. A. Rassoul
[12] Rudi Paret
[13] Rudi Paret
[14] Azhar
[15] Azhar
[16] Azhar
Hier schreibt ihr, dass kein Mensch der Sklave eines anderen sein soll, während selbst Mohamed laut Koran Sklaven hielt: https://de.wikipedia.org/wiki/Sklaverei_im_Islam
Sehr geehrter Herr Schuster,
ich bedanke mich für Ihr Interesse und möchte mich dafür entschuldigen, dass ich so spät antworte. Mit wurde Ihre E-Mail erst heute zugeschickt. Um auf Ihre Frage zu kommen; wie Sie vielleicht bemerkt haben, nehmen wir als Grundlage immer zuerst den Koran und schauen danach in andere historische Quellen. Für uns als Muslime ist der Koran am relevantesten, denn Gott versichert in seinem heiligen Buch, dass der Koran bis zum Jüngsten Tag unverändert und gültig sein wird. Die historischen Quellen hingegen können gelogen oder verfälscht sein. Ich schicke Ihnen in diesem Sinne unsere Meinung unter folgendem Link zu:
http://www.islamundkoran.net/de/gibt-es-sklaverei-im-islam/
Es gibt auch schon eine längere umfassende Abhandlung zum Thema der Sklaverei, die demnächst ins Deutsche übersetzt werden wird.
Ich hoffe, dass ich Ihnen soweit behilflich sein konnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Hatice Göktas